KugelSieben – Ein Kaleidoskop
nach Carl Maria von Webers
„Der Freischütz”
„Um dieselben Jahre, in denen der Freischütz komponiert ward, hat man das Kaleidoskop erfunden; etwas von dem Bedürfnis, das jene Erfindung herbeizitierte, ist in der Wolfsschlucht Musik geworden.“
Theodor W. Adorno
Wie könnte das Leben in den nächsten Jahrzehnten auf der Erde aussehen? In welcher Beziehung werden Mensch und Natur zueinander stehen? Gibt es überhaupt eine Zukunft?
Der Blick durch ein Kaleidoskop eröffnet verschiedene Perspektiven. Genau diese braucht es in der Gestaltung des zukünftigen Verhältnisses von Mensch und Natur. Anhand von Motiven aus Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz” erforscht „KugelSieben” sieben mögliche Zukunftsszenarien und zeigt Bilder von Visionen in Form von Live-Musiktheater mit sechs Kurzfilmen.
„Die Zukunft soll mein Herz bewähren”
Diese Worte erklangen 1821 bei der Uraufführung von Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz” im Konzerthaus Berlin. Der Protagonist Max äußert damit sein Bestreben, die fragile Beziehung zu Agathe zu retten. Sowohl ihr als auch sein Leben liegen in seinen Händen.
Max liebt Agathe, darf sie aber nur heiraten, wenn er einen Probeschuss erfolgreich absolviert. Obwohl er sonst der beste Schütze weit und breit ist, hat Max seit vier Wochen nichts getroffen. Durch den ausbleibenden Erfolg ist er voll Angst und Verzweiflung. In seiner Hoffnungslosigkeit lässt er sich dazu verführen, in der gefürchteten Wolfsschlucht sieben Freikugeln zu gießen. Es treffen aber nur sechs das vom Schützen gewünschte Ziel, die siebte gehört dem Teufel.
Die Beziehung von Max und Agathe, respektive Mensch und Natur steht im Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung von “KugelSieben” und wird im Spannungsfeld dämonischer und verklärter Kräfte ausgelotet.
Die Frage, wie sich unser Verhältnis zur Natur in Zukunft gestalten wird, ist für uns alle relevant. Wir Menschen sind seit dem Beginn des Anthropozäns um 1800
Haupteinflussfaktoren auf das System Erde, und dadurch
Hauptverantwortliche für dessen Entwicklung. In diese isolierte
Position sind wir durch unsere Entfremdung von der Natur und selbstzentrierte Weltsicht geraten, was sich allein daran zeigt, dass
wir die Natur als Umwelt und nicht als Mitwelt bezeichnen. Es besteht dringendster Handlungsbedarf, wenn wir unseren Planeten in einem Zustand erhalten wollen, der sowohl für die Spezies Mensch wie auch zahlreiche andere Arten lebenswert ist.
Das “KugelSieben”-Ensemble besteht aus über 50 jungen Künstler:innen verschiedenster Fachrichtungen. Alle Mitwirkenden erhielten die größtmögliche künstlerische Freiheit. Gemeinsam erforschten sie auf experimentelle Weise die Möglichkeiten des Musiktheaters: Theatralität im Film und filmische Elemente im Theater, das Aufeinanderprallen von Realität und fantastischen Welten, verschiedene Musikrichtungen von Oper bis Techno , das Zusammenführen von darstellenden und bildenden Künsten – alles inspiriert aus der Musik und dem Text des „Freischütz”. Neben der kollektivischen Herangehensweise stand eine möglichst nachhaltige Gestaltung im Vordergrund des Produktionsprozesses.
Die Uraufführung fand am Abend des 13. August 2021 Open Air im Rahmen des 5-jährigen Jubiläums der Höri Musiktage am Bodensee auf dem Gelände des ehemaligen Augustiner Chorherrenstiftes statt. Das Festival strebt langfristig die Einrichtung eines künsteübergreifenden Kulturzentrums an. „KugelSieben” stellt in diesem Zusammenhang ein Pilotprojekt dar, das Potentiale einer solchen Begegnungsstätte auslotet.
Das Musiktheaterkollektiv KLANGDREIST wurde 2021 von Katharina Diestel, Carlo Nevio Wilfart und Milena Wilke gegründet. Sie lernten sich in Berlin kennen. Von den Fachrichtungen Musik, Darstellende Künste, Literatur und Theater kommend, eint sie die Begeisterung für Musiktheater. In den letzten Jahren konnten sie bereits einige Erfahrungen auf und hinter der Bühne sammeln. Die Intention des Musiktheaterkollektivs KLANGDREIST ist es, sich in ihrer Arbeit mit aktuellen, gesellschaftlich relevanten Themen künstlerisch auseinanderzusetzen. Die drei Künstler:innen interessiert die kollektive und interdisziplinäre Arbeit mit verschiedenen Kunstformen wie beispielsweise Performance, Choreographie und Improvisationstheater und das Experimentieren mit musikalischen Genre-Grenzen. Auf diese Weise möchten sie die Möglichkeiten eines zeitgenössischen Musiktheaters erforschen. „KugelSieben“ ist ihr erstes gemeinsames Projekt.
Wir bedanken uns herzlich für die Förderung und Ermöglichung dieses Projektes durch:
Sowie bei allen Spender:innen unseres Crowdfundings für ihre tolle Unterstützung, bei Jambox Berlin für die Zurverfügungstellung ihres Aufnahmestudios und Jale & Sami Kustaloglu für die Erlaubnis, ihren Garten als Filmset zu nutzen!
Unser besonderer Dank gilt allen Mitwirkenden für ihre bemerkenswerte Bereitschaft, unentgeltlich ihre Zeit, Energie und ihr künstlerisches Können in dieses Projekt zu investieren!